Der Wind war am Mittwoch den ganzen Tag ganz moderat, so 20 bis 25 Knoten und zwei Meter Welle. Bea ist auch wieder aus dem Salon gekrochen und wir haben zusammen draussen Abendbrot gegessen. Wir freuten uns, dass Neptun so geaedig mit uns war und uns vor staerkeren Winden verschont hat. Die Stimmung stieg und jeder freute sich auf den ersten Landfall.
Doch es kommt meistens anders als man denkt. Puenktlich zum Sonnenuntergang hat sich die Lage komplett gedreht. Paul und Bea haben sich nach dem Essen noch ein Nickerchen gegoennt, ich hatte mit Rolf Wache. Von Null auf Hundert hatten wir ploetzlich ueber 30 Knoten Wind und mit dem Wind kam sofort wieder die Welle. Ich hab nur noch gerufen, Rolf wir reffen jetzt!!! und haben die Fock bis auf einen Fetzen kleiner gemacht. Pauls Nickerchen war somit apruppt beendet. Das Gross haben wir ganz weggerollt und gehofft, dass der Spuk bald wieder vorbei ist. Als ich die aktuelle Wetterinformation eingeholt hatte bestaetigte sich, dass wir dieses Wetter bis zum naechsten Morgen haben werden. Die Stimmung war am Boden. Bea hat sich wieder in den Salon verkrochen, was auch nicht gerade angenehm ist, bei der Schaukelei und Paul blieb die ganze Nacht oben, Rolf und ich haben im drei Stundentakt die Wache uebernommen. Rolf kam sich unter Deck vor wie in einem Schrottlaster, es knarzt und garrt in jeder Ecke, da das Geschirr und die Toepfe sich selbstaendig machten. Die Welle hatte inzwischen gefuehlte vier Meter erreicht und immer wieder wurde das komplette Schiff von einer Welle ueberspuelt und in regelmaesigen Abstaenden stand das Cockpit unter Wasser. Das Ganze bei eiskalten Temperaturen, unsere Wassertemeraturanzeige hat gerade mal noch zehn Grad angezeigt! Das war jetzt die dritte Nacht hintereinander mit Starkwind. Wir dachten schon die Naechte davor, dass es heftig war, aber im Vergleich der letzten zwei Naechte war diese Nacht der Horror, sowas braucht niemand. Wir haben uns nicht mehr getraut etwas zu trinken, vor lauter Angst wir muessen auf die Toilette und die ganzen Klamotten ausziehen bei der Schaukelei. An Waschen und Zaehne putzen, frische Klamotten anziehen oder gemeinsames Esssen war gar nicht mehr zu denken. Gott sei Dank hatten wir am vergangenen Sonntag nochmal Gruppenduschen angeordnet. Dazu kam, dass ein Tanker nach dem Anderen unseren Weg kreuzte und wir hoellisch aufpassen mussten.
Wir sind uns einig, es war die schlimmste Nacht unseres Lebens!!!! Ihr koennt uns glauben wir hatten die Hosen gestrichen voll aber richtig voll um nicht zu sagen wir hatten Angst!!
Am naechsten Morgen lies der Wind dann so langsam nach, wir waren total erleichtert und Paul hatte sogar wieder ein Laecheln auf dem Gesicht. Er hat zwei Tage und zwei Naechte ueberhaupt nicht geschlafen.
Jetzt muss ich auch mal noch was zu unserer Lady sagen. Es ist unglaublich wie dieses Schiff uns durch diese Nacht gesegelt hat. Unser Vertrauen in dieses Schiff und seine Technik hat sich wieder einmal bestaetigt. Die Einzige, die diese Tage klaglos hingenommen hat war unsere Lady. Unser Schiff ist auf jeden Fall staerker als wir. Und dann noch unser Autopilot, er hat die ganze Nacht durchgesteuert ohne vom Kurs abzukommen. Einfach Klasse!
Um 13 Uhr hiess es endlich Laaaand in Sicht! Wir haben Kap Vicente, den westlichsten Punkt von Europa vor uns. Wir segeln um das Kap und wollen nur noch ausruhen und beschliessen in Baleeira an eine Boje zu gehen.
Um 16 Uhr liegen wir an der Boje vor einer herrlichen Kulisse an der Felsalgarve. Wir haben es geschafft, auch wenn uns der Atlantik in der letzten Nacht nochmals ganz schoen gefordert hat. Wir haben ihn umrundet. Ich bin kein Bergsteiger, aber ich habe mir sagen lassen, dass man erst sagen kann: Der Berg gehoert uns, wenn man den Berg bestiegen und wieder hinunter geklettert ist. Wir koennen jetzt sagen: Der Atlantik gehoert uns! Einmal von Ost nach West und einmal von West nach Ost.
Endlich mal wieder duschen, war echt total noetig!! Und dann zum kroenenden Abschluss noch ein suuuper!!!leckeres Rindersteak im Restaurant Tasca essen, das hatten wir uns jetzt aber auch verdiehnt.
Heute segeln wir nach Portimao bei glatter See und kaum Wind!